Interview mit einem Vereinsmitglied der AGSD

Dieses Interview wurde mit einem Vereinsmitglied durchgeführt, als der Verein AGSD noch aus Ehemaligen, Angehörigen und Interessierten bestand. Heute wird die AGSD-Seite vom Verein Relinfo unterhalten. Obwohl dadurch teilweise etwas veraltet, enthält das Interview einige hilfreiche Informationen zur Beratungsarbeit, welche heute immernoch durchgeführt wird – vom Verein Relinfo. Veraltete Informationen werden mit einer Notiz gekennzeichnet.

Wie ist die Beratungsstelle aufgebaut? Was für Personen arbeiten dort?                                                                                                                                             

Die Aufklärungsgemeinschaft über Scientology und Dianetik (AGSD), ist ein Verein mit bis zu 100 Passivmitgliedern bestehend aus ehemaligen Scientologen, indirekt Betroffenen und Interessierten. Der Verein wurde 1991 gegründet mit den zwei Zielen: Aufklärung der Mitmenschen über das Wirken von Scientology, Dianetik und deren Unter- und Tarnorganisationen, sowie die Hilfestellung für Betroffene. Über Mitgliederbeiträge und Spenden wird der Verein finanziert, damit wir Informationsmaterial gegen Scientology an die Öffentlichkeit abgeben können.

Für die Beratung stehen uns 5 ehemalige Scientologen zur Verfügung, die alle ehrenamtlich arbeiten.

Notiz: Heute wird die AGSD-Seite von einer Mitarbeiterin des Vereins Relinfo geführt. Relinfo ist eine Informations- und Beratungsstelle über religiöse und weltanschauliche Bewegungen in der Deutschschweiz, welche von Sektenexperte Georg Otto Schmid geleitet wird.

Wie kommt es zu einer Beratung auf Ihrer Stelle?

Wir werden über E-Mail, Brief, Telefon oder Fax um Beratung angefragt. Die Adresse kann im Internet, in Büchern über Sekten, Zündholzbriefchen und Flugblättern gefunden werden.

Notiz: Die Adresse von AGSD deckt sich mit der Adresse von Relinfo, welche im Internet gefunden werden kann. (zB. Rubrik Kontakt auf dieser Webseite)

Mit wem wird in der Beratung gearbeitet?

Mit Eltern, Geschwistern, Ehepartnern, und Firmen, die Mitarbeiter einstellen wollen, aber nicht sicher sind, ob die Bewerber in einer Sekte sind. Direktbetroffene, die aussteigen wollen rufen auch an, kommen jedoch aus Angst nur selten in eine Beratung. Oft bleibt es bei einem einmaligen Telefonanruf.

Wo liegen Ihrer Meinung nach die Ursachen für eine Sektenmitgliedschaft?

Bei persönlichen ‹Tiefs›, Enttäuschungen und in Krisensituationen sind die Menschen sehr leicht ansprechbar für Sekten. Weitere Gründe sind das fehlende Angebot der Kirchen, Zuwendungsbedürfnisse oder die Neugier der Menschen. Scientology betreibt ein regelrechtes Marketing über die Bedürfnisse und Wünsche der Mitmenschen und nützt dabei jegliche Schwächen und Komplexe zur Mitgliederwerbung aus.

Was beinhaltet Ihre Sektenberatung?

In der Beratung wollen wir in erster Linie die Angst nehmen und einfach einmal zuhören. Wir geben aber auch Ratschläge mit, wie sich die Angehörigen oder Freunde gegenüber den Betroffenen verhalten sollen. Zum Beispiel soll der Kontakt nicht abgebrochen und kein Geld gegeben werden.

Wie verläuft eine Sektenberatung?

Nach der Anfrage um Beratung kommt es zu einem persönlichen Gespräch, wobei der Ort unterschiedlich sein kann. Es werden auch Hausbesuche zu zweit gemacht. Auf dieses Gespräch können noch weitere Telefonanrufe folgen, denn wir engagieren uns mit Herz und sind immer für die Ratsuchenden da. Wir sind auch behilflich, wenn es darum geht von der Scientology Geld zurückzufordern. Die Beratungen können sehr unterschiedlich verlaufen und sind zeitlich nicht begrenzt.

Notiz: Hausbesuche werden kaum mehr durchgeführt, dafür wird auf die Infostelle eingeladen.

Was wollen Sie von den Problembetroffenen wissen?

Wir möchten wissen, wie lange sie schon bei Scientology dabei sind, wieviel Geld sie ausgegeben haben, ob sie schon Kredite aufnehmen mussten und ob das Erbe schon bezogen wurde. Des weiteren interessiert uns, ob die Betroffenen noch in der Schule oder in einer Lehre sind und woran sie gemerkt haben, dass mit Scientology etwas nicht stimme.

Zuerst können aber die Sorgen und Nöte erzählt werden.

Was sind die Ziele ihrer Sektenberatung?

In erster Linie wollen wir vor allem Jugendliche über Scientology aufklären und wenn möglich mit anderen Betroffenen zusammenbringen. Dann wollen wir Eltern beraten, damit sie wissen, wie sie sich ihren betroffenen Kindern gegenüber benehmen sollen. Ziel ist es, dass sie es schaffen, die Kinder von Scientology loszubringen.

Wann ist für Sie eine Beratung erfolgreich?

Wenn man den Eltern helfen und moralische Unterstützung geben kann.

Führen Sie eine Erfolgsbilanz?

Nein.

Notiz: Der Verein Relinfo veröffentlicht Informationen und Statistiken über Anfragen, Vorträge, Veranstaltungen und Budget in einem Jahresbericht. Hier der Link zum Jahresbericht 2020.

Welche Methoden werden bei Ihrer Beratung angewendet?

Bei Kaffee, Tee und Kuchen wollen wir zuhören und Vertrauen aufbauen, damit die Ratsuchenden ihre Sorgen abladen können. Die Betroffenen sollen in Kontakt mit ehemaligen Mitgliedern gebracht werden,

Was lernen die Betroffenen in Ihrer Beratung?

Sie lernen Hilfe anzunehmen bei Problemen und merken, dass sie mit ihren Schwierigkeiten nicht alleine sind. Sie erfahren, dass man zusammen stärker ist und sie können wieder Kontakt aufnehmen mit ihrem früheren Beziehungsnetz.

Ist die Beratung freiwillig oder wird Druck ausgeübt?

Die Beratung ist freiwillig.

Weshalb führen Sie Sektenberatungen durch?

Weil es andere nicht machen. Weil Politiker gegen Scientology nichts unternehmen.

Notiz: Sektenberatung ist Teil des Auftrags vom Verein Relinfo, welcher durch Kirchen und Spenden unterstützt wird. Heute gibt es auch andere Organisationen, welche über Scientology aufklären, so zB. InfoSekta und FASA (Freie-Anti-Scientology-Aktivisten).